1947: Die Geburtsstunde des Café Matt
Ella Matt, die Gründerin, erinnert sich:
Von der Idee zur Umsetzung
Nach dem Krieg kamen Kaffeehäuser in Mode. Hauptsächlich fuhren Frauen mit dem Postauto nach Buchs, um sich im Café Rhyner zu Kaffee und Kuchen zu treffen. Am späten Nachmittag ging es dann gestärkt wieder nach Hause.
Mit diesem Trend wollte ich Schritt halten und unterbreitete meinem Vater, der für Neues immer sehr aufgeschlossen war, den Plan eines Café-Anbaus. Er war stolz, eine junge und engagierte Nachfolgerin zu haben, denn ich übernahm schon mit gut 18 Jahren das Kaufhaus Matt zur Weiterführung.
Mein Vater kannte den Architekten Meusburger aus Feldkirch und gab ihm auch gleich den Auftrag, ihm einen Vorschlag mit Skizze zu bringen. Mir selbst gefiel dieser Plan leider gar nicht. Er erinnerte mich an das düstere Café Dünser in Feldkirch.
Durch unsere Geschäftsvertreter erfuhr ich von einem Architekten aus Zürich, der speziell für Gasthäuser und Cafés tätig war. Ich fuhr mit ihm durch die halbe Schweiz, um mir neue Cafés anzuschauen. Danach erstellte er einen Plan nach meinen Vorstellungen und entsprechend unserer Lage. Auch meinem Vater gefiel der neue Plan samt Außen- und Innenausbau, sodass dem Architekten der Auftrag erteilt werden konnte. Rasch wurden die Pläne beim Bauamt in Vaduz eingereicht.
Mit der Bewilligung klappte es erst einmal nicht, da wir nicht die richtige politische Hausfarbe hatten. Der damalige Regierungschef Frick zögerte und schob alles hinaus. Als dieser dann im Urlaub war und der "rote Vizechef Nigg" am Ruder war, bekamen wir die Bewilligung endlich.
Als Herr Frick aus dem Urlaub zurück war, wollte er die ausgestellte Konzession wieder zurückverlangen, was rechtlich scheinbar aber nicht möglich war. Es folgten Strafen während des Baus, sogar Baustopps durch die Polizei wurden vorgenommen. Dessen ungeachtet trieb mein Vater den Bau voran, und wir mussten laufend Strafen bezahlen.
Die Fertigstellung war auf Chilbi-Sonntag (ca. Mitte November) geplant. Da wir einen sehr nassen Sommer hatten, verzögerten sich die Rohbauarbeiten. Damals wurden noch keine Bagger und dergleichen eingesetzt; es wurde alles händisch ausgegraben. Der Gießenbach, der von der Höll herunter floss und durch unser Grundstück geleitet wurde, machte den Arbeitern schwer zu schaffen. Fast jeden Morgen war ein am Vortag ausgehobenes Stück wegen des Wassers wieder zusammengebrochen.
Nach der Fertigstellung des Rohbaus und den Verputzarbeiten folgten rasch die Fenster und Türen sowie der Einbau der Möbel und Verkleidungen, die bei einem Spezialisten für Restaurant-Einbauten angefertigt und von diesem auch eingebaut wurden.
Während der Bauarbeiten, die mein Vater Aurel überwachte, machte ich meine Ausbildung im Café Roggwiler in St. Gallen, das heute noch einen sehr guten Ruf genießt. Mit den erworbenen Kenntnissen bin ich dann voller Zuversicht in die neue, zusätzliche Aufgabe gestartet.
Am 12. Dezember 1947 wurde das Café Matt feierlich eröffnet.
Teambildung
Gleich suchte ich eine kompetente Serviertochter und fand diese bei Steffi Mayer von der Hub, die damals noch im Café Feuerstein in Feldkirch arbeitete.
Wir hatten leider nur eine alkoholfreie Konzession bekommen, mit der es bei uns sehr schwierig war, rentabel zu arbeiten. Mit verschiedenen Tricks wollten wir das Gesetz umgehen; es folgten aber leider immer wieder nur Strafen. Wir durften auch nur bis 20:00 Uhr offen haben; die Polizei stand oft schon früher auf der Lauer, um eine Übertretung anzuzeigen.
Die erste Verpachtung erfolgte 1953, genau an dem Tag, an dem meine zweitjüngste Tochter zur Welt kam. Am 31. März 1953 um 21:00 Uhr habe ich den Betrieb an Frau Rüttimann-Beck übergeben, um 22:00 Uhr war Tochter Ursula schon da. Herr Rüttimann hatte zusätzlich die Konditorei von Edi Ritter gepachtet und selbst die beste Patisserie hergestellt.
Durch die eingeschränkte Konzession war der Betrieb leider auch nicht sehr gewinnbringend, sodass die Familie Rüttimann-Beck nach ca. zwei Jahren wieder aufgab. Daraufhin habe ich den Betrieb wieder mit Servicepersonal selbst geführt.
Die Preise waren anfangs sehr niedrig, so kostete zum Beispiel ein Café Crème 50 Rappen, ein Milchkaffee 45 Rappen, ein 3dl-Glas Cola 40 Rappen (Coca-Cola gab es bei uns noch nicht), eine Flasche Elmer Citro oder Orangina 70 Rappen. Mineralwasser wurde nur ganz selten getrunken.
Eis, Expansion und ein Hauch von Oktoberfest: Die Weiterentwicklung des Café Matt
Da wir unser Eis selbst herstellten und damals kein anderes Restaurant im Unterland Glace anbot, erwies sich dies im Sommer als äußerst lukrativ.
1948 wurde Oswald Bühler Vorsteher von Mauren. Ich nutzte die Gelegenheit, um ihm unser Anliegen einer erweiterten Konzession vorzutragen. Zunächst versuchten wir, alleine eine solche zu erwirken, was jedoch scheiterte. Daraufhin schlossen wir uns mit anderen Cafés im Land zusammen, die ebenfalls nur sehr eingeschränkte Konzessionen hatten. Nach langen Bemühungen gelang es uns schließlich, die Konzessionen denen der Gasthäuser gleichzustellen.
Mir wurde jedoch eine Auflage erteilt: Ich musste Fremdenzimmer errichten, die von einer offiziellen Stelle kontrolliert und abgenommen wurden. Die Zimmer waren einfach, entsprachen aber den damaligen Standards. Im Sommer hatten wir oft Durchreisende, die eine Nacht blieben. Außerdem belegten Mitarbeiter der damaligen Contina die Zimmer längerfristig. Mit der Zeit wurden die Kontrollen weniger streng, und wir stellten die Zimmervermietung ein, da wir Platz für unsere Angestellten benötigten.
Mit der vollen Konzession konnten wir unser Angebot erweitern. Wir organisierten beliebte Café-Kränzle und dekorierten das Café zu Fasnacht mit verschiedenen Motiven, entworfen von Willi Meier aus Mauren. Zitherabende und Unterhaltungsabende mit Handorgel, Gesang und humorvollen Einlagen erfreuten dazumal unsere Gäste. Die Preise stiegen stetig, stets orientiert an den Vorgaben des Wirteverbands.
Schließlich wurden mir beide Betriebe, das Café und das Kaufhaus, zu viel. Ich entschied mich daher erneut, das Café zu verpachten. Es folgten verschiedene Pächterinnen und Pächter, darunter Frau Josi Merkle, Sonja Hobi, Albert Biedermann, Kurt Oehri, Hulda Olonczik, Hermann Bassi und Christine Bergamasco. In den Zwischenzeiten, bis ein geeigneter Pächter gefunden war, führte ich das Café selbst.
Im Frühjahr 2000 übergab ich die Liegenschaft an meinen Sohn Ivo Matt. Nach einer umfassenden Renovierung wurde das Café Matt im Jahr 2001 unter der Leitung der bisherigen Pächterin Christine Bergamasco neu eröffnet.
Seit Anfang 2002 führt Maxi Röck das Café Matt und hat ihm neuen Schwung verliehen. Mit Veranstaltungen wie Miss-Dirndl-Wahl, Lederhosen-Wahl, Country-Abenden und Oktoberfesten sorgt er immer wieder für Leben im Café Matt.
Die Geschichte des Café Matt wäre jedoch nicht vollständig ohne die Erwähnung des Café Matt-Stamms.
Diese Stammtisch-Gemeinschaft ist nicht nur in der Gemeinde bekannt, sondern weit über die Region hinaus. Es soll sogar vorgekommen sein, dass Gesprächspartner im Ausland auf die Frage, ob sie Liechtenstein kennen, antworteten: "Ja, ich kenne das Café Matt und den Café Matt-Stamm." Sogar Oberländer sollen vom Café Matt-Stamm gehört haben.
In den letzten Jahren hat die Maurer Jugend viel neues Leben ins Café Matt gebracht. Der "Presidents-Club" und der "Donnschtig-Hock" tragen mit ihrer lebendigen Kommunikation dazu bei, die Tradition des Café Matt als Treffpunkt zu bewahren. Dies wäre sicherlich ganz im Sinne der Gründerin.
Ein herzliches Dankeschön an alle Gäste für ihre langjährige Treue zum Café Matt sowie an Maxi und ihr Team für den stets prompten und freundlichen Service.
Mauren, im Dezember 2007